Orion Aslans Aufstieg

Mein erster Exodus veränderte alles. Naiv, rastlos und voller Eifer, mich zu beweisen, bluffte ich mich geschickt an Bord der Expedition, wobei ich eher Wagemut als wirklich Talent oder Können bewies. Ich war jung und dumm. Ich dachte, als Traveler würden mich Abenteuer und Reichtümer erwarten. Als unser Schiff das Himmelstor passierte, dreht sich in meinem Kopf alles um kindische Träume von Glück und Ruhm.

Was ich draußen in den kalten Tiefen des Weltraums zu sehen bekam, war sowohl unglaublich als auch erschreckend. Ich erlebte hautnah, was Celestials wirklich waren. Was aus ihnen geworden war. Ihre Biologie, ihre Technologie, ihr politisches System, kurzum das gesamte Wissen, das sie sich über 40.000 Jahre der Evolution hinweg angeeignet hatten, alles hatte sich in etwas komplett anderes verwandelt und nichts mehr mit ihren menschlichen Ursprüngen zu tun. Sie waren komplett zu Aliens geworden und schienen nun unermessliche Macht zu besitzen … Und eine völlige Verachtung für das Schicksal der erbärmlichen Menschenneulinge im Cluster. Das Erkunden der Ruinen unserer Vorfahren und längst verlassener Welten erfüllte mich mit Ehrfurcht und Schrecken. Je mehr ich zu Gesicht bekam, desto eindringlicher wurde mir bewusst, welche Tragweite unsere Aufgabe eigentlich hatte.

Als ich nach Lidon zurückkehrte, war ich ein anderer Mann. Mir war bewusst geworden, dass das Leben als Traveler nicht persönliche Bereicherung nach sich zog, sondern es rein um das nackte Überleben ging – das Überleben unserer Welt und der gesamten Menschheit. Mit dieser neu gefundenen Erkenntnis wurden meine Missionen waghalsiger, tückischer und erfolgreicher. Mit jedem Exodus führte ich meine Besatzung noch tiefer in unerforschte Ecken des durch die Celestials kontrollierten Weltraums. Wir stellten uns unvorstellbaren Gefahren und riskierten alles, um entscheidende Technologien und Ressourcen zu sichern, die unsere Bemühungen vorantreiben würden. Wir lernten von den technologischen Hinterlassenschaften der Celestials und nutzen sie dann auf jede Art, die uns irgendeinen Vorteil verschaffen konnte. Unsere Erfolge ermutigten andere Traveler-Generationen Lidons dazu, sich unserer Sache anzuschließen und für denselben Zweck und denselben Traum zu kämpfen. Doch mit jedem noch so kleinen Sieg und jedem Schritt in Richtung einer sicheren Zukunft beschworen wir den Zorn der Celestials ein Stück mehr herauf.

Mit der Zeit betrachteten mich die Menschen Lidons als Helden. Als Anführer. Als Heilsbringer. Als Champion in unserem Kampf ums Überleben. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, meine Heimatwelt voranzubringen und das Versprechen eines stärkeren und florierenden Zufluchtsorts der Menschheit zu erfüllen. Allmählich stärkten meine unermüdlichen Bemühungen unsere Position gegen die Celestials. Unter meiner Führung schlossen sich einst verfeindete Fraktionen zusammen. Zuvor überalterte Infrastruktur wurde wieder nutzbar gemacht. Die Zahl der Traveler stieg und wir konnten auf immer gewagtere Expeditionen gehen.

Ich baute mit größter Sorgfalt ein Netzwerk eingeschworener Unterstützer auf, die während meiner Abwesenheit meine Ideen umsetzten und für Ordnung sorgten. Ihr Einfluss und ihre Loyalität waren entscheidend für das Fortführen meiner Arbeit und den Aufbau neuer Generationen von Traveler. Ich sah zu, wie sich die Gesellschaft unter meiner Federführung wandelte, angefacht von der Hoffnung und den Resultaten meiner interstellaren Reisen, die ich ihnen gab. Ich erschuf eine Zukunft für unsere Zivilisation, und das allen scheinbar unüberwindbaren Hindernissen zum Trotz.

Während meiner Exodus-Missionen alterte ich kaum. Das Reisen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit hat seine Vorteile, doch man zahlt auch einen enormen Preis. Mit jeder Rückkehr war mein Sohn Gideon älter geworden und hatte sich weiter von mir entfernt. Unsere einst enge Bindung war zum seidenen Faden geworden, ausgedünnt von der schieren Weite von Raum und Zeit. Er versteht nicht, dass ich mein Opfer für ihn erbringe. Für sein Erbe. Für Lidon. Für die gesamte Menschheit.

Jeder Sieg, jede Begegnung, jede Mission bezeugt die Beharrlichkeit unserer Spezies. Und doch hängt die Übermacht der Celestials weiter über uns wie ein dunkles Schwert des Verhängnisses. Hier sind wir eine primitive Lebensform, die ihrer Gnade ausgeliefert ist. Ihre Erbarmungslosigkeit kennt keine Grenzen. Damals wie heute hängt die Zukunft der Menschen allein von mir ab. Sie erwarten von mir, sie zu beschützen – zu befreien. Es ist eine Last, die zu tragen ich gewillt bin, und ein Versprechen, das ich gebe und einhalten werde.

Ich habe Mächte und Technologien entdeckt, denen kein Mensch Herr sein kann. Überbleibsel aufgegebener Celestial-Zivilisationen, die das Werkzeug für unsere Befreiung sein werden … wenn wir sie entschlüsseln können. Und ich WERDE einen Weg finden. Wir werden ihre eigene Technologie gegen sie verwenden … irgendwie. Mein Vermächtnis und die Zukunft der Menschheit hängen davon ab. Ich werde einen Pfad für die Menschen ebnen, was es auch kosten mag. Doch wohin wird dieser Pfad führen?